Heilerziehungspfleger*innen (HEP) sind für die Assistenz und Pflege von Menschen mit Hilfebedarf zuständig. Die Berufsgruppe fällt derzeit leider durch alle politischen Raster und erfährt kaum Unterstützung und Stärkung. Ein breites Bündnis von Verbänden, Fachschulen, Einrichtungen und Interessensvertretungen positioniert sich für eine Stärkung der HEPs! Neben den bereits im Koalitionsvertrag beschlossenen Maßnahmen fordert das HEP-Bündnis folgende zehn Maßnahmen:
Menschen mit Assistenzbedarf müssen in der Festlegung ihrer jeweiligen Assistenzbedarfe und der Qualifizierung ihrer Assistenten*innen eng eingebunden werden. Sie sind Expert*innen in eigener Sache!
Für die Arbeitsfelder Behindertenhilfe, Rehabilitation und Sozialpsychiatrie braucht es eine große und nachhaltige Berufsfeld-Kampagne der Landesregierung. Die Kampagne muss die Basis bilden, um in die Breite der Gesellschaft auf den Lebensalltag von Menschen mit Assistenzbedarf aufmerksam zu machen und dafür zu sensibilisieren. Das hilft den sozialen Frieden zu sichern!
Um die aktuell gültigen Personalstellenpläne in den verschiedenen Angeboten zu entlasten, müssen Auszubildende/ Studierende und Praxisanleiter*innen zusätzlich finanziert und in den Entgelten hinterlegt werden. Nur so kann es gelingen, in den derzeit überlasteten Bereichen, Kapazitäten für Auszubildene, FSJ, Praktikant*innen etc. herzustellen.
Zudem muss im Sinne einer breiten Fachkraftgewinnung sichergestellt sein, die tarifgerechte Bezahlung der Auszubildenden in der praxisintegrierten vergüteten Ausbildung (PivA) flächendeckend zu gewährleisten und eine Refinanzierung der Ausbildungsplätze durch das Land Hessen, analog der Fachkräfteoffensive für Erzieher*innen in Kitas, zu ermöglichen.
Wie in anderen Bundesländern (z. B. Bayern und Baden-Württemberg) braucht es die Etablierung der HEP-Helfer*in Ausbildung auf DQR 3 Niveau (Voraussetzung Hauptschulabschluss, Dauer der Ausbildung 1 Jahr) und Angebote zur Erreichung des mittleren Bildungsabschlusses, um eine Durchlässigkeit zur Fachkraftausbildung zu ermöglichen.
Es braucht eine schnelle Durchsetzung von erleichterten Zugängen von ausländischen Auszubildenen in die Arbeitsfelder der Behindertenhilfe, Rehabilitation und Sozialpsychiatrie analog den neuen Bestimmungen des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes.
Das Anerkennungsverfahren von Schulabschlüssen muss unbürokratisch (auch mit digitalen Zeugnisnachweisen) und schnell (kurze Bearbeitungszeiträume von max. 3 Monaten) erfolgen. Sogenannte Kenntnisprüfungen und Nachschulungsmodule müssen landesweit eingesetzt und ermöglicht werden.
Die Anwerbung und das Onboarding von ausländischen Auszubildenen und Fachkräften muss von den Leistungsträgern unterstützt und mitfinanziert werden. Im Moment müssen Leistungserbringer diese Kosten allein tragen.
Für wichtige Aufgaben in den verschiedenen Arbeitsfeldern der Behindertenhilfe wie Dokumentation, Gewaltprävention und Sozialraumarbeit, die für die Kernteilhabeleistungen wichtig sind, braucht es zusätzliche Finanzierungen/ Ressourcen. Das würde die unmittelbare Teilhabeleistung entlasten und stärken. Insgesamt braucht es eine Entbürokratisierung in den genannten Arbeitsfeldern.
Die geltenden Fachkraftquoten in verschiedenen Arbeits- und Angebotsfeldern müssen überprüft und ggf. angepasst werden. Dazu gehört auch, dass in Hessen HEPs endlich in den Werkstätten für Menschen mit Assistenzbedarf (WfbM) als Fachkräfte anerkannt werden müssen, so wie dies in allen anderen Bundesländern bereits der Fall ist.
Forderungen des HEP-Bündnis an die Politik und Leistungsträger
Hessen braucht HEPs und andere Inklusionsprofis!
Heilerziehungspfleger*innen (HEP) sind für die Assistenz und Pflege von Menschen mit Assistenzbedarf zuständig. Die Berufsgruppe fällt derzeit leider durch alle politischen Raster und erfährt kaum Unterstützung und Stärkung. Deshalb hat sich ein breites Bündnis von Selbstvertretungen, Verbänden, Fachschulen, Einrichtungen und Angehörigenvertretungen zusammengefunden und positioniert sich für eine Stärkung der HEPs und für andere Berufsgruppen in den Feldern der Behindertenhilfe, Rehabilitation und Sozialpsychiatrie.
Inklusion kann nur mit ausreichend Fach- und Assistenzkräften gelingen! Diese auszubilden und deren Arbeitsbedingungen zukunftsfähig zu gestalten, braucht schnelles und entschlossenes politisches Handeln. Alle müssen jetzt der Inklusion eine Stimme geben! Laut dem Statistischen Bundesamt lebten 2022 in Deutschland 7,8 Millionen schwerbehinderte Menschen. Das sind 9,4 % der Gesamtbevölkerung. In Hessen waren es 587.000 schwerbehinderte Menschen. Nicht alle von diesen sind auf Unterstützung angewiesen. Aber knapp 1 Millionen Menschen mit Assistenzbedarf, die in Deutschland Leistungen der Eingliederungshilfe (Sozialgesetzbuch IX) beziehen, brauchen häufig HEPs und andere Inklusionsprofis, um den Alltag zu bewältigen. In Hessen sind es aktuell 72.000 Leistungsempfänger*innen und 17.700 Leistungsempfänger*innen in anerkannten Werkstätten für Menschen mit Assistenzbedarf.
HEPs und andere Fachkräfte arbeiten in ambulanten oder besonderen Wohnangeboten, in Rehabilitationszentren, in Werkstätten, in Förderschulen und integrativen Kindertagesstätten oder direkt in den Familien. Sie sind Profis, die Inklusion ermöglichen. Ziel ihrer Arbeit: Menschen mit Assistenzbedarf in deren Selbstbestimmung und Alltag zu unterstützen und ihnen ein Leben in der Mitte der Gesellschaft zu ermöglichen.
Aufgrund eines massiven Fach- und Arbeitskräftemangels droht mittlerweile eine Unterversorgung für Menschen in vielen Bereichen der Behindertenhilfe, der Rehabilitation und Sozialpsychiatrie. Es gibt immer weniger Inklusionsprofis und damit immer weniger Wohn- und Arbeitsangebote für Menschen mit Assistenzbedarf. Für selbstbestimmte, kleinteilige Angebote fehlen die Finanzierung, die Fachkräfte und Wohnraum.
Ohne Inklusionsprofis sehen sich Menschen mit Assistenzbedarfen und deren Familien mit Ausgrenzung und mit existenziellen Fragen konfrontiert. Die zunehmend fehlenden professionellen Unterstützungsangebote zwingen Familien und Menschen mit Assistenzbedarf dazu, Lebens- und Berufswege zu überdenken und führen zwangsläufig zu einer weiteren Eskalation des Fachkräftemangels und strahlen somit direkt in die gesamte Gesellschaft. Fehlende Inklusionsprofis sind mehr als nur ein Mangelberuf, sie sind ein reales Problem und gesellschaftlich relevant!
Die Zahl der Studierenden in den Fachschulen für Heilerziehungspflege sinkt in Hessen und bundesweit dramatisch. Im Jahr 2024 werden deutlich unter 400 HEPs ihre Ausbildung in Hessen abschließen. Der Bedarf an Fachkräften in der hessischen Behindertenhilfe, Rehabilitation und Sozialpsychiatrie beträgt aktuell aber rund 3.000 und wächst jährlich aufgrund des demografischen Wandels. Diese Situation verhindert Inklusion und diskriminiert Menschen mit Assistenzbedarf und deren Familien.
In Hessen will die neue Landesregierung die Rahmenbedingungen für HEPs und deren Auszubildene verbessern. Dafür wurden im Koalitionsvertrag konkrete Maßnahmen vereinbart, die das HEP-Bündnis ausdrücklich begrüßt. Die Maßnahmen müssen jetzt schnell kommen, um eine sich immer weiter zuspitzende Notlage abzuwenden.
Das HEP-Bündnis steht mit seiner umfassenden Expertise für die Erarbeitung von Aktionsplänen, rechtlichen Anpassungen und zu Novellierungen der HEP-Ausbildungsordnung kurzfristig zur Verfügung. Die Zeit zum Handeln ist gekommen. Der Fachkräftemangel in allen Bereichen der Behindertenhilfe, der Rehabilitation und Sozialpsychiatrie ist zunehmend existenzbedrohend und diskriminiert Menschen mit Assistenzbedarf!
Am 25. April 2024 ab 12 Uhr führen wir als Bündnis auf dem Kranzplatz vor der Staatskanzlei in Wiesbaden eine große Protestaktion durch, um auf die Diskriminierung von Menschen mit Assistenzbedarf und den Personalmangel in der Behindertenhilfe aufmerksam zu machen. Dort werden wir unser Forderungspapier der Öffentlichkeit vorstellen. Die Aktion ist Teil eines bundesweiten Protesttages!
Wir bitten Sie hiermit, unser Anliegen zu unterstützen und sich politisch mit Nachdruck dafür einzusetzen, dass der Personal- und Ausbildungsmangel in der Behindertenhilfe, Sozialpsychiatrie und Rehabilitation genauso entschieden bekämpft wird, wie in anderen Hilfefeldern! Soziale Gerechtigkeit und sozialer Frieden brauchen Wachsamkeit für alle Hilfefelder!